Ausspruch über Wahl-Annullierung wird deutschem Bundespräsidenten unterstellt

Ende Februar findet in Deutschland die vorgezogene Wahl zum 21. Deutschen Bundestag statt. Aktuell verbreitet sich online eine angebliche Äußerung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier: «Steinmeier droht: Wahl könnte annulliert werden, wenn die FALSCHE Partei gewinnt». In der Mitte steht neben einem Foto des Bundespräsidenten groß: «Neuwahl kann annuliert werden!» (Schreibweisen im Original)

Bewertung

Eine derartige Aussage von Steinmeier über eine mögliche Annullierung der Wahl und die Bezeichnung einer Partei als «falsch» ist nirgends zu finden. Eine Rede des deutschen Bundespräsidenten, in der er zu einem fairen Wahlkampf aufruft und sich gegen äußere Einflussversuche ausspricht, wurde dahingehend frei interpretiert.

Fakten

Der zentrale Bildinhalt des Foto-Sharepics, das etwa auf Instagram kursiert, stammt von der Vorschauansicht eines Youtube-Videos. Darin wird ebenfalls die Behauptung aufgestellt, Steinmeier habe gedroht, dass die Wahl annulliert werden könne.

Als Quelle wird ein Text des Portals «Tichys Einblick» genannt. Doch darin werden keine konkreten Zitate erwähnt, in denen Steinmeier von einer Annullierung spricht. «Wie einst in den Reden der SED-Funktionäre liegt das, was Steinmeier sagt, zwischen den Zeilen. Genauer gesagt: Es muss interpretiert werden», kündigt der Autor des Textes seinen Umgang mit jener Rede an, die Steinmeier anlässlich der Auflösung des Bundestages Ende Dezember 2024 hielt.

Keine Drohung im Redemanuskript

Die Auslegung, Steinmeier habe eine Annullierung der Neuwahl angedroht, soll sich aus folgender Passage ergeben, die dem offiziellen Redemanuskript entnommen wurde: «Und ich erwarte auch, dass der Wahlkampf mit fairen, mit transparenten Mitteln geführt wird. Einflussnahme von außen ist eine Gefahr für die Demokratie - sei sie verdeckt, wie kürzlich offenbar bei den Wahlen in Rumänien, oder offen und unverhohlen, wie es derzeit besonders intensiv auf der Plattform X betrieben wird. Ich wende mich entschieden gegen alle äußeren Einflussversuche. Die Wahlentscheidung treffen allein die wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger in Deutschland.» Weder spricht Steinmeier in seiner Rede von der Möglichkeit einer Annullierung der Wahl, noch erwähnt er eine angeblich «falsche Partei».

Üblicherweise werden sämtliche Reden und Äußerungen des deutschen Bundespräsidenten auf seiner Webseite archiviert. Sucht man auf der Seite nach den Stichworten «Annullierung» oder «annulliert», gibt es keine Treffer. Eine Sprecherin von Steinmeier bestätigte gegenüber der dpa: «Die Zitate sind frei erfunden, sie sind keine Aussagen des Bundespräsidenten».

Zudem hätte in Deutschland der Bundespräsident generell nicht die verfassungsgemäße Macht, ein Wahlergebnis zu annullieren. Einspruch gegen eine Bundestagswahl kann jeder Wahlberechtigte einlegen. Zuständig für die Wahlprüfung ist dann der Bundestag, genauer gesagt der Wahlprüfungsausschuss.

Beschwerde gegen eine Entscheidung des Bundestages über eine Wahlprüfung kann beim Bundesverfassungsgericht eingelegt werden, schreiben das Grundgesetz, das Wahlprüfungsgesetz und das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht vor. In dem Verfahren ist eine aktive Rolle des Bundespräsidenten nicht vorgesehen.

(Stand: 17.1.2025)