Für echt gehalten

Vermeintliche Steinmeier-Zitate stammen von Parodie-Account

23.12.2024, 18:00 (CET)

«Ramadan-Märkte statt Weihnachtsmärkte» - dieses angebliche Zitat von Frank-Walter Steinmeier kursiert im Netz. Doch der Bundespräsident hat das nie gesagt. Was steckt wirklich dahinter?

Seit dem am Freitag verübten Anschlag auf einen Adventsmarkt im deutschen Magdeburg mit fünf Todesopfern, wird auf sozialen Plattformen wieder heiß diskutiert. Im Mittelpunkt stehen dabei unter anderem Politiker, deren Migrationspolitik manchen Usern ein Dorn im Auge ist. Dabei wird auch auf ein angebliches Zitat des deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier verwiesen, der gefordert haben soll, mehr «Ramadan Märkte und öffentliche Gebete» für Muslime zu veranstalten. In einem Beitrag auf Facebook wird das falsche Zitat zusammen mit einer diffamierenden Grafik geteilt, die Bundespräsident Alexander Van der Bellen ins Visier nimmt.

Bewertung

Das angebliche Steinmeier-Zitat ist nicht echt. Es stammt von einem Parodie-Account auf Twitter.

Fakten

Am 6. Dezember wurde auf dem X-Account @F_W-Steingeier folgender Text veröffentlicht: «Das Weihnachtsmärkte immer häufiger Ziele von Anschlägen werden, ist das Ergebnis von Deutschem Rassismus. Statt Feste für ein christliches Fest zu veranstalten, muss man den Muslim*innen mit Ramadan Märkten und öffentlichen Gebeten entgegenkommen.» (Schreibweise im Original)

Allerdings handelt es sich bei diesem Account, der auch per Screenshot in den vorliegenden Facebook-Beiträgen geteilt worden ist, keineswegs um einen offiziellen Social-Media-Auftritt des deutschen Bundespräsidenten. Dies wird auch dadurch ersichtlich, dass der Anzeigename «Bundespräsident Frank Walter Steinmeier (Parodie)» lautet.

Darüber hinaus sprechen die mangelhafte Rechtschreibung, der vermutlich absichtlich gewählte inkorrekte Nachname im X-Handle sowie der fehlende Bindestrich zwischen den beiden Vornamen gegen ein authentisches Profil. Einen offiziellen Auftritt Steinmeiers auf X gibt es gar nicht. Auf seiner offiziellen Homepage ist als einziger X-Account seine Sprecherin Cerstin Gammelin verlinkt.

Auch ein zweiter Beitrag des Parodie-Accounts machte nach dem Anschlag in Magdeburg online die Runde. Hier rief der Fake-Account im Namen Steinmeiers dazu auf, dem Tatverdächtigen zuzuhören und ihn nicht zu denunzieren. Offene Grenzen würden zur Sicherheit beitragen.

Satire-Account veröffentlichte Entschuldigung

Die «Tagesschau» und andere Medien berichteten, dass ein Screenshot mit diesem vermeintlichen Zitat von vielen Usern geteilt wurde, während der Satire-Account auf X den Beitrag danach wieder gelöscht hat. Auf dem Profil findet man mittlerweile nur noch eine Entschuldigung des Accountbetreibers, der den gelöschten Beitrag als «unangebracht» bezeichnete.

In einem vorliegenden Posting wird das Falschzitat Steinmeiers auch mit einer Collage von Aussagen kombiniert, die offensichtlich dem österreichischen Bundespräsidenten Van der Bellen zugeschrieben werden, darunter mehrere Falschbehauptungen. So heißt es fälschlich, dass eine Impfpflicht gegen den sogenannten Nürnberger Kodex verstoßen würde.

Ein anderes Zitat wurde Van der Bellen in den Mund gelegt. In Wahrheit was es Grünen-Chef Werner Kogler, der Teile der Demonstrierenden gegen die Corona-Maßnahmen in einer Rede als Staatsverweigerer und Neofaschisten bezeichnet hatte, wofür er von der FPÖ kritisiert wurde.

(Stand 23.12.2024)

Links

MDR-Bericht über Anschlag (archiviert)

Posting auf Facebook (archiviert)

Parodie-Account auf X (archiviert)

Homepage des deutschen Bundespräsidenten (archiviert)

Account der Sprecherin auf X (archiviert)

Weiteres Falschzitat auf Facebook (archiviert)

Bericht der «Tagesschau» (archiviert)

Entschuldigung auf X (archiviert)

dpa-Faktencheck zu Nürnberger Kodex

Kickl-Posting auf Facebook (archiviert)

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