Finanzbetrug
Artikel über Sebastian Kurz’ Vermögen frei erfunden
17.12.2024, 16:36 (CET), letztes Update: 17.12.2024, 16:46 (CET)
Wenn etwas wie die Vorlage für einen schlechten Film klingt, ist Vorsicht geboten: «Fans fordern die Freilassung von Ex-Kanzler Sebastian Kurz.» Denn er sei aufgrund eines «Regierungsbefehls» festgenommen worden, weil er ausgeplaudert hat, wie er innerhalb kurzer Zeit und mit wenig Aufwand mehrere Millionen verdient hat. Doch hinter dem aktuell kursierenden Artikel stecken betrügerische Absichten.
Bewertung
Der Artikel und das Interview-Transkript sind gefälscht.
Fakten
Der vermeintliche Artikel der Tageszeitung «Standard» lässt sich mit einem Blick auf die Adresszeile leicht als unseriös entpuppen. Sie beginnt nicht mit «derstandard.at», sondern mit «radio70.media» - ein Beweis dafür, dass es sich um eine Fälschung handelt. Zudem existiert beim «Standard» keine E-Mail-Adresse des vermeintlichen Verfassers des Artikels, «Ernst Pacher». Im Teaser fehlt zudem das Wort «sich», was für den «Standard» ungewöhnlich wäre.
Die Fotos, mit denen der Artikel bebildert ist, stammen von einem Interview vom 24. Juni 2024. Kurz spricht im von dem Medienmanager Thomas Prantner organisierten «C-3-Business Talk» über seine politische Vergangenheit und aktuelle politische Konflikte, wie der Videomitschnitt zeigt.
Zwar sind durchgehend Fotos von Prantner zu sehen, im Transkript des Fake-Interviews weiter unten wird aber Wolfgang Fellner, der Herausgeber der Tageszeitung Österreich, als Interviewer angeführt.
Auch die im Transkript verwendete Sprache ist für ein Interview dieser Art ungewöhnlich und enttarnt den Beitrag als Fälschung. Zum einen duzt Fellner den Ex-Kanzler, zum anderen fragt er etwa «Ich habe mich schon immer gefragt, wie du dir einen so luxuriösen Lebensstil leisten kannst. Sicherlich kann ein Gehalt das nicht alles abdecken. Sei ehrlich, hast du einen wohlhabenden Verehrer gefunden?» Später wird Kurz mit den Worten zitiert: «Ich lache über diejenigen, die ständig klagen, sie hätten kein Geld.»
Um dem Lesenden glaubwürdig zu machen, dass sich die anfängliche Investition tatsächlich lohnt, testet der vermeintliche Nachrichtenredakteur, der als «Herbert Marek» bezeichnet wird, das Modell, durch das vermeintlich auch Kurz reich geworden ist. Das Bild des Redakteurs entpuppt sich mithilfe einer Bilder-Rückwärtssuche aber als Shutterstock-Bild.
Auch ein weiter unten verwendetes Bild eines «Kontoauszugs» der Österreichischen Nationalbank (OeNB) als Beweis für den Vermögenszuwachs ist Fake. Im Unterschied zu normalen Geschäftsbanken können Privatpersonen bei der OeNB kein Konto eröffnen.
(Stand: 17.12.2024)
Links
Fake-Artikel (Screenshot archiviert)
Interview C3-Business Talk (archiviert)
Interview C3-Business-Talk als Video (archiviert)
Bericht über Wolfgang Fellner (archiviert)
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